Follow-Up: Krisensommer für die SBB II.

Nach dem Krisensommer der SBB gibt Chef Andreas Meyer seinen Rücktritt bekannt. Geplant ist der Tätigkeitswechsel seit dem Frühjahr und damit mit den andauernden Schwierigkeiten des Bahnbetriebs unverbunden. Der Verkündigungszeitpunkt inmitten des Sicherheitsdramas bedroht die Glaubwürdigkeit dieser Tatsache dennoch.

Die mediale Berichterstattung über die SBB geriet die vergangen Wochen in eine Negativspirale. Dabei wurde besonders Chef Andreas Meyer während der Krise für seine Kommunikationsweise nach aussen kritisiert. Die NZZ spricht von einer verinnerlichten PR-Doktrin, womit sich Meyer stets versuche in ein besseres Licht zu rücken.

Am 4. September 2019 verkündet er nun in Bern seinen Rücktritt. Er will sich vor seinem sechzigsten Lebensjahr beruflich nochmals neu orientieren. Mit dem Verkündungszeitpunkt läuft er Gefahr, als Schönwetterkapitän dazustehen. Es scheint, er trete ausgerechnet dann zurück, wenn erstmals richtig dunkle Wolken über der SBB aufziehen. Jetzt wo die Politik die das SBB-Exekutive hinterfragt, ist er als Krisenmanager eigentlich am stärksten gefordert. Andreas Meyer weist wiederholt darauf hin, dass der Rücktritt seit dem Frühjahr geplant ist. Das bestätigt Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga, sowie das Protokoll einer Verwaltungsratssitzung aus dem Mai.

Die öffentliche Wahrnehmung ist dennoch eine andere und die Kommunikation das einzige Steuerinstrument, welches Meyer aktiv bedienen kann, um diese zu beeinflussen. Indem er aber krampfhaft an seiner Kommunikationsagenda festhält, begünstigt er die Vermutung, dass ein Zusammenhang zwischen dem Rücktritt und den momentanen Problemen der SBB besteht. Eine solche Verbindung verneint Meyer wiederholt. Gegenüber der NZZ vertritt er die Meinung, die öffentliche Diskussion des Entscheids entwickle sich mit der Zeit sachlicher, sein Rücktritt würde nur temporär mit dem Unfall in Verbindung gebracht werden. Einen besseren Zeitpunkt sieht Meyer nicht, bei der SBB sei «immer etwas», weshalb er «am Fahrplan festgehalten» habe.

Die Härte mit der Meyer diesen Beschluss nun durchboxt und an die Öffentlichkeit trägt, erinnert an die konsequente Effizient auf die er die SBB dreizehn Jahre lang trimmte. Er ermöglichte der SBB den Sprung vom Staatsunternehmen zum modernen Verkehrsbetrieb. Dafür entkräftete er verschiedenen Geschäftsbereiche aber massiv, wobei Nationalrat Kurt Fluri  jedoch eine Mitschuld der Politik und derer andauernden Ausbauforderungen erkennt. Dennoch erbrachte Meyer gerade diese Effizienz viele Schwierigkeiten mit den Medien und in der Organisation.

Auch wiedererkennbar im Kontext seines Rücktritts ist das wiederholte Misslingen Meyers, in der medialen Berichterstattung gut davon zu kommen. Die Medien haben ihm zu schaffen gemacht. Im Interview mit dem Tagesanzeiger betont er, dass er besonders die Sonntagsmedien nicht vermissen werde. Die Verpflichtung der SBB Rede Antwort zu stehen, scheint Meyer tatsächlich bis zum Schluss herausgefordert zu haben. Gemäss der NZZ bemängelte die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) besonders die «wir haben alles im Griff Mentalität» Meyers. Es sei vorteilhaft gewesen, zu Beginn der Schwierigkeiten oder nachdem sich die Stürme gelegt haben, zu kommunizieren. Das jetzige Festhalten am vereinbarten Kommunikationstermin wirkt erneut krampfhaft.

Damit wird sein Nachfolger, nicht nur auf Forderungen des Nationalrats und der SEV, den Schwerpunkt des Geschäfts wieder mehr auf die Bahn rücken müssen, sondern, wie Meyer im Interview mit dem Tagesanzeiger witzelt, auch auf viel Wohlwollen bei den Medien hoffen.