Swiss: Kommunikation im Formtief

Die Swiss annulliert Hunderte von Flügen. Der Grund: Personalmangel. Nur war der seit einem Jahr vorhersehbar.

Die Swiss, Airline aller Schweizerinnen und Schweizer, welche seit zwei Jahrzehnten nur noch dem Anschein nach eine schweizerische Luftfahrtgesellschaft ist und zum Lufthansa-Konzern gehört, hat uns in der vergangenen Woche mit einer dilettantisch durchgeführten Kommunikation überrascht. Sie annullierte, notabene wenige Wochen vor den Sommerferien, hunderte ihrer Flüge für mehr als 10'000 Passagiere. Sie begründete dies mit einer inhaltlich äusserst dürftigen Ausrede und auf eine kundenunfreundliche Weise, welche dem Unternehmen in Bezug auf seine Reputation nachhaltig schaden könnte.

Die grosse Anzahl von Annullierungen sei, so die Swiss Kommunikation, auf personelle Engpässe bei der Airline selbst und auf die prekäre Personalsituation in der gesamten Airline-Industrie zurückzuführen. Ist diese Erkenntnis tatsächlich neu? Nein, ist sie nicht. Wer sich mit der Airline-Industrie und der Covid-Krise auseinandersetzt weiss, dass nach dem Runterfahren der Kapazitäten zu schnell, zu viele und teilweise erst noch die falschen Leute entlassen worden sind. Natürlich mussten die Airlines aufgrund der Covid-19-Krise Sofortmassnahmen einleiten, um nicht finanziell abzustürzen. Doch fehlte es offensichtlich an einem Plan, wie man die Kapazitäten schnell wieder hochfahren kann, wenn die Nachfrage wieder stark anziehen würde. Die Swiss, wie andere Airlines und Flughafenbetriebe, haben die Situation falsch eingeschätzt und zu lange mit einer transparenten Kommunikation gewartet.
 
Ausreden sind keine gute Kommunikation
 
Der Grundsatz in schwierigen Situationen permanent und offen zu kommunizieren wurde hier sträflich vernachlässigt. Auch die Art und Weise, die technokratischen und nicht eben einfühlsamen Statements der Swiss in den Medien, waren unschweizerisch und leicht arrogant. Hinzu kommt, dass die schlechte Nachricht für die Betroffenen völlig überraschend kam. Viele der in Mitleidenschaft gezogenen Passagiere haben sich auf ihren Flug gefreut, mit dem sie die wohlverdienten Ferien beginnen wollten, oder um ihren Geschäften nachgehen zu können. Komplexe Themen, wie Personalmangel oder Annullationen sollten auch kommunikativ gut begründet sein. Sind sie für die Öffentlichkeit nicht plausibel erklärt, entsteht Unverständnis und Ärger über die vielleicht durchaus nachvollziehbaren Gründe. Die aktuellen von der Swiss angeführten Begründungen jedoch, werden von der breiten Öffentlichkeit als Ausrede wahrgenommen.
 
Lösungen für die betroffenen Passagiere sind konkret zu kommunizieren
 
Entscheidungen wie die oben beschriebenen, sollten nach den Grundsätzen der «Kommunikation in schwierigen Situationen» durchgeführt werden:
• Erstens bedeutet dies, dass sie mit Priorität Lösungen für die Betroffenen beinhalten müssen. Ist die Lösung für diese in der Kommunikation nicht klar erkennbar, entsteht auch in der Öffentlichkeit eine unmittelbare Solidarität mit all den Reisenden, die nun eine neue Transportlösung finden müssen. 
• Zweitens muss plausibel erklärt werden, warum die Flüge annulliert werden mussten. Es gibt rational mehrere Gründe für diese Massnahmen, doch wurden sie nicht genügend kommuniziert. Die Airline führte primär den Grund des Personalmangels auf. Dies wiederum ist nicht plausibel, weil man von einer Airline erwarten darf, dass sie einen von ihr angebotenen und dann verkauften Sitzplatz im Flugzeug auch tatsächlich liefert. 
• Drittens muss die Kommunikation aufbauend und zeitlich akzeptabel gestaltet sein. Die Kommunikation der Annullationen kommt auf der Zeitachse betrachtet, viel zu nahe an den eigentlichen Abflugtermin. Negative Überraschungen für die Betroffenen und die Öffentlichkeit stossen in der Regel auf Unverständnis.
 
Wo gleichzeitig so viele Menschen von Massnahmen betroffen sind, wäre mehr Feingefühl notwendig
 
Das Beispiel der Swiss-Annullationen zeigt, dass ein unsensibles Vorgehen in der Kommunikation durchaus einen nachhaltigen Reputationsschaden verursachen kann. Potenzielle Passagiere können auf diese Weise schrittweise die Loyalität zur «ihrer» Airline verlieren. Die nun zu findenden, andersgearteten Lösungen für die Reisenden vermögen sich schnell zu positiven und nachhaltigen Alternativen entwickeln. Sie zeigen auch im Falle ihrer nächsten Reisen mit Sicherheit weniger Verständnis für allfällig ebenfalls durch die Post-Covid-Phase verursachte Mängel bei den Service-Dienstleistungen am Boden und in der Luft. 
 
Diese und bereits früher kommunizierte Massnahmen beim Personal decken auf, dass die Swiss aktuell in einem Kommunikations-Formtief steckt. Will sie einen schleichenden Reputationsverlust vermeiden, sind Korrekturmassnahmen sinnvoll.
 
KMES Partner | Hans Klaus